Ambivalenzen, Zwickmühlen und der innere Wunsch nach der „absolut richtigen“ Lösung
Stress beim Entscheiden – obwohl der Weg doch klar scheint?
Viele Menschen erleben Entscheidungssituationen als zermürbend.
Der Verstand argumentiert logisch, die Fakten sprechen scheinbar für eine Richtung und doch regt sich innerer Widerstand: ein Ziehen im Bauch, eine diffuse Unruhe, ein Gefühl von Unstimmigkeit.
Der Kopf will, aber der Bauch blockiert.
Solche inneren Spannungen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern Ausdruck davon, dass mehrere innere Stimmen gleichzeitig gehört werden wollen. Und davon, dass eine Entscheidung nicht nur im Außen gefällt wird, sondern auch im Inneren mitgetragen werden muss.
Ambivalenz verstehen – zwischen inneren Gegensätzen
Die hypnosystemische Sichtweise nach Dr. Gunther Schmidt bietet einen wertvollen Zugang zum Verstehen dieser Dynamiken:
Sie geht davon aus, dass in jedem Menschen unterschiedliche innere Anteile aktiv sind, die jeweils eigene Bedürfnisse, Werte und Erfahrungen vertreten. So kann beispielsweise ein Teil Sicherheit suchen, während ein anderer Freiheit anstrebt. Oder einer wünscht sich Nähe, während ein anderer die Unabhängigkeit bewahren möchte. Wenn sich diese Anteile gegenseitig blockieren oder keine stimmige Lösung sichtbar ist, entsteht eine Ambivalenz. Wird keine der Möglichkeiten als ganz passend erlebt, entsteht oft eine Zwickmühle.
Wenn Entscheidungen blockieren – und warum das ganz normal ist
Viele versuchen in solchen Situationen, sich „vernünftig“ zu entscheiden – mit Listen, Argumenten, Pro-und-Contra-Abwägungen. Doch innere Blockaden lassen sich nicht rein kognitiv lösen.
Der Körper, das emotionale Gedächtnis, frühere Erfahrungen und intuitive Schutzmechanismen sind mitbeteiligt. Wird ein inneres Bedürfnis übergangen, zeigt sich das häufig in Form von:
⁃ Anspannung oder Unruhe
⁃ Schlafproblemen
⁃ Grübeln oder Entscheidungsvermeidung
⁃ plötzlicher Unsicherheit trotz klarer Argumente
Solche Reaktionen sind kein Scheitern, sondern Hinweise darauf, dass noch etwas gehört werden möchte.
Der Druck zur perfekten Entscheidung – ein modernes Ideal?
Oft erschwert sich eine Entscheidung zusätzlich durch den Anspruch, die absolut richtige Lösung finden zu müssen.
Ein häufiger, aber unsichtbarer Stressverstärker ist der Gedanke:
„Ich muss das so entscheiden, dass ich es später auf keinen Fall bereue.“
Doch das ist ein Denkfehler, denn:
Entscheidungen werden immer mit dem Wissen von heute für eine Zukunft getroffen, die niemand kennt.
Sich davon zu lösen, „die beste aller denkbaren Lösungen“ zu finden, kann entlastend wirken. Manchmal ist es realistischer – und gesünder –, sich auf eine stimmige, tragfähige, vielleicht zweitbeste Lösung zu einigen. Eine, die jetzt innerlich mitgetragen werden kann.
Und manchmal ist „noch nicht entscheiden“ eine Entscheidung
In Entscheidungssituationen zeigt sich oft ein Wunsch nach Kontrolle – verbunden mit der Vorstellung, dass eine Entscheidung möglichst schnell und endgültig getroffen werden sollte. Doch auch das bewusste Nicht-Entscheiden kann ein Teil des Prozesses sein.
Manchmal ist es sinnvoll, sich noch Zeit zu geben, zu beobachten, nachzuspüren, weitere Informationen zu sammeln oder innere Klarheit wachsen zu lassen.
Gleichzeitig lohnt es sich, ehrlich hinzusehen:
– Wird eine Entscheidung aufgeschoben, um bewusst Raum zu lassen?
– Oder wird sie vermieden, aus Angst, einen Fehler zu machen?
Nicht zu entscheiden ist ebenfalls eine Form von Entscheidung – mit ihren eigenen Konsequenzen.
Auch das kann erkannt und mit Bewusstsein gestaltet werden.
Was hilft, wenn der Entscheidungsdruck wächst?
In der hypnosystemischen Arbeit geht es darum, alle inneren Anteile in den Dialog zu bringen – statt gegen den Widerstand zu kämpfen.
Was hilfreich sein kann:
– Verlangsamung: Entscheidungstempo bewusst reduzieren
– Innere Aufstellungen oder Visualisierungen der „Stimmen“
– Verständnis für die positive Absicht jedes inneren Anteils
– Benennen von inneren Loyalitäten, Ängsten oder Werten
– Die Frage: „Was müsste erfüllt sein, damit beide Seiten mitgehen können?“
Wie Dr. Gunther Schmidt betont:
„Jede Seite hat ihre gute Absicht.“
Das Ziel ist nicht, eine Seite zu überreden – sondern gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln.
Wenn Klarheit nicht von allein kommt: Coaching oder Psychotherapie
Entscheidungsschwierigkeiten gehören zu den häufigsten Anliegen im Coaching wie auch in der Psychotherapie.
– Im Coaching stehen oft äußere Themen im Fokus: Rollen, Karriere, Veränderungen, Konflikte. Es bietet Struktur, Klarheit und Reflexionsraum.
– In der Psychotherapie geht es tiefer – hier stehen persönliche Prägungen, emotionale Muster, frühere Erfahrungen und innere Konflikte im Mittelpunkt.
Beide Formate bieten einen geschützten Raum, in dem Entscheidungen nicht erzwungen, sondern entwickelt werden – im Tempo, das möglich ist.
Mein Ansatz: achtsam, differenziert und mit Respekt für die innere Vielstimmigkeit
Entscheidungen sind selten rein sachlich.
In meiner Arbeit unterstütze ich Menschen dabei, innere Klarheit zu entwickeln, Blockaden zu verstehen und Entscheidungen zu finden, die nicht perfekt, aber mitgetragen und lebbar sind. Dabei fließen Elemente aus systemischer Beratung, hypnosystemischer Arbeit, Coaching und Psychotherapie ein – je nach Anliegen.
Entscheidungen brauchen keine Härte – sondern innere Zustimmung
Wenn Entscheidungen schwerfallen, ist das oft kein Zeichen von Unfähigkeit – sondern ein Ausdruck von innerer Vielfalt.
Wer versucht, den inneren Widerstand zu übergehen, entscheidet vielleicht schneller – aber oft nicht stimmiger. Sich selbst in einem Entscheidungsprozess ernst zu nehmen, bedeutet auch, Widersprüche auszuhalten und dennoch zu handeln.
Wenn eine Entscheidung ansteht – beruflich oder persönlich – und der Wunsch wächst, sie nicht gegen, sondern mit sich selbst zu treffen, begleite ich diesen Prozess gerne.
Eine Terminbuchung für ein unverbindliches kostenfreies telefonisches Vorgespräch oder ein Erstgespräch in meiner Praxis (kostenpflichtig) ist über Doctolib jederzeit möglich.